Stellungnahme zur Bayreuther ErklärungMehr Dauerstellen im Mittelbau – was dagegen?
22. November 2019
Die Kanzler*innen der Universitäten Deutschlands einigten sich im September 2019 in Bayreuth auf eine „ […] Erklärung zu befristeten Beschäftigungsverhältnissen […] in Universitäten“ [link]. Der Personalrat des wissenschaftlichen Personals der Universität Hamburg begrüßt, dass die Kanzler*innen mit ihrer Forderung nach einer nachhaltigen, verlässlichen und planbaren Finanzierung der Hochschulen unmissverständlich zu verstehen geben, dass es auch aus Sicht der wirtschaftlichen Schaltzentralen der Universitäten an einer nachhaltigen, verlässlichen und planbaren Finanzierung der Hochschulen mangelt. Irritierend ist jedoch der Standpunkt der Kanzler*innen, dass der Wunsch nach mehr unbefristeten Stellen im Mittelbau lediglich als „im Interesse von Beschäftigungssicherheit nachvollziehbar“, darüber hinaus aber als nicht gerechtfertigt bewertet wird: Eine „umfassende Entfristung im akademischen Mittelbau“ stehe dem eigentlichen Wesen der Universitäten als „Qualifizierungssystemen“ entgegen.
Wir, die gewählten Vertreter*innen der Wissenschaftler*innen an der UHH, sind überzeugt: mehr unbefristete Stellen im Mittelbau sind der universitären Idee in keiner Weise hinderlich, sondern im Gegenteil: Ein höherer Anteil an entfristeten Mittelbaustellen wird langfristig entscheidend für den Qualitätserhalt in der universitären Lehre und Forschung sein. Viele der heute in Universitäten arbeitenden Wissenschaftler*innen bestreiten das dauerhafte universitäre Kerngeschäft - Forschen und Lehren - auf befristeten Stellen! Dass dies ein Missstand ist, wurde gesellschaftlich erkannt und man einigte sich im Hamburger Code of Conduct auf das Ziel, für Daueraufgaben in Lehre und Forschung fortan unbefristete Stellen vorzusehen. Dieses Ziel ist aber bei weitem nicht erreicht. Ursächlich für diesen Missstand sind zwei Nachwirkungen der jahrzehntewährenden Verknappung der Hochschulmittel, an die man sich schon gewöhnt hat: Erstens ermöglicht die magere Grundausstattung keine relevante Forschung ohne Drittmittel; und durch Drittmittel werden fast ausschließlich Stellen ohne Lehrverpflichtung geschaffen. Zweitens begegnet man dem Zuwachs an Studierenden vornehmlich mit Stellenkategorien, die hundert Prozent Lehre einfordern – ohne Forschung, ohne Weiterbildung. Beides zusammen bewirkt eine Tendenz zur Trennung zwischen Forschung und Lehre, die der universitären Idee und der Ausbildungsqualität an Universitäten langfristig abträglich sein wird – forschendem Lehren wird so die Lebensgrundlage entzogen. Deswegen fordern wir: Die Grundausstattung der Universität und der Strukturplan, den sie sich gibt, müssen die personelle Verbindung von Forschen und Lehren auch im Mittelbau wieder ermöglichen. Kurzum: Die Universität braucht mehr Dauerstellen im Mittelbau. Dieses Ansinnen liegt nicht nur „im Interesse von Beschäftigungssicherheit“, wie die Kanzler*innen es in ihrer Erklärung formulieren. Es liegt mehr noch im Interesse der Universität, zu deren tragenden Ideen die Einheit von Forschung und Lehre gehört. Wir haben die Hoffnung, dass die Universitätsleitung letztlich dieses Ansinnen mit uns teilt und die Bayreuther Erklärung darüber in Vergessenheit gerät.